Naturschutzgebiet „Oberalsterniederung“

Alsterquellmoorlandschaft

Die 907 Hektar große Niederungslandschaft entlang von Oberalster und Rönne ist 2004 als bislang drittgrößtes Naturschutzgebiet in Schleswig-Holstein ausgewiesen worden. Am Ende der letzten Eiszeit erstreckte sich in diesem Raum ein riesiger Eisstausee. Dieser war entstanden, nachdem die Gletscherfront den ur­sprünglich nach Osten entwässernden Bächen und Flüssen den Weg versperrt hatte. Im Laufe von Jahrtausenden verlandete der See und es entstanden ausgedehnte Niedermoore, Au- und Bruchwälder oder Sümpfe. In drei Bereichen wuchsen Hochmoore aus der Niederung empor (Alsterquellmoor, Wakendorfer Moor und Schlappenmoor). Seit dem frühen Mittelalter haben Siedlung und traditionelle Landwirtschaft die bäuerlich geprägte Kulturlandschaft mit einer hohen Arten- und Strukturvielfalt geschaffen. Trotz des Landschaftswandels ist hier der frühere hohe Biotopwert und eine typische Tier- und Pflanzenwelt erhalten geblieben. Die von der Europäischen Union verabschiedete Fauna-Flora-Habitat (FFH)- und Vogelschutz-Richtlinie sind die gesetzliche Grundlage für den Aufbau eines Netzes besonderer europäischer Schutzgebiete mit der Bezeichnung „NATURA 2000“. Mit diesem Schutzgebietssystem wird das Ziel verfolgt, die biologische Vielfalt der natür­lichen Lebensräume und der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in ganz Europa zu erhalten. Auch das Naturschutzgebiet Oberalsterniederung mit seinen überwiegend unverbauten Flüssen und den weiten, offenen Niederungen, die von Hochmooren, Sümpfen, Auenwäldern, extensiv genutzten oder verbrachten Wiesen und Weiden durchsetzt sind, ist Teil dieses eu­ropäischen Netzwerkes. Die Oberalster ist zu­dem Lebensraum der Kleinen Bachmuschel und des Bachneunauges, die aus europäischer Sicht besonders geschützt sind.

Fließgewässer

Sommerhochwasser in der Obersterniederung

Das Naturschutzgebiet „Oberalsterniederung“ wird von drei Fließgewässern, der Oberalster, der Rönne und der Bredenbek geprägt. Im Gegensatz zu vielen anderen unserer heimischen Bäche blieb die Oberalster von einer Begradigung und einem Verbau der Ufer weitgehend verschont. Charakteristisch ist der stark mäandrierende Verlauf mit einem Wechsel von Prallhang (Abtrag des Ufers) und Gleithang (Materialablagerung und Aufhöhung des Ufers). Neu ent­stehende Abflusshindernisse lassen die Bä­che sogar im Sommer hin und wieder über die Ufer treten. Auch das Nebeneinander un­beschatteter, krautreicher Abschnitte und ge­hölzgesäumter Ufer ist Basis für die hohe Na­turnähe der Oberalster. Zwar wurde das Gewässerbett vertieft und damit die Fließgeschwindigkeit erhöht, dennoch zeichnet sich die Oberalster durch eine hohe Naturnähe aus und ist Lebensraum zahlreicher, in Schleswig-Holstein sonst sehr seltener und im Bestand gefährdeter Tierarten. Die Vorkommen der Kleinen Bachmuschel aber auch des Bachneunauges und anderer anspruchsvoller Tierarten ist ein Beleg für die besondere Lebensraumqualität der Oberalster. Sauberes Wasser mit niedrigen Nitratwerten, ungestörte sandig-kiesige Gewässersohlen, strukturreich gestaltete Ufer und eine natürliche Fließgewässerdynamik sind entscheidende Voraussetzungen für das dauerhafte Überleben dieser beiden Arten. Ihr Auftreten weist zugleich auf einen artenreichen, heimischen und gesunden Fischbestand hin. Die Larven der Kleinen Bachmuschel sind auf das Vorkommen bestimmter Fischarten angewiesen, in deren Kiemen sich die Muschellarven innerhalb von 2 bis 3 Monaten zu fertigen Jungmuscheln entwickeln können.

Hochmoore

Orchideenwiese

Sowohl das Alsterquellmoor als auch das Wakendorfer Moor und das Schlappenmoor wurden zur Torfgewinnung abgebaut und in Teilen zu Grünland umgewandelt. Um sie zu nutzen, wurden die Moore tiefgreifend entwässert. Dies führte zu weitgehendem Verlust der natürlichen Hochmoorvegetation. Aufgrund der veränderten Lebensbedingungen dominieren heute zumeist Moorbirke und Pfeifengras. Typische Hochmoorpflanzen wie Torfmoose, Wollgras, Glockenheide und Moorlilie kommen nur noch kleinflächig vor. Damit diese Pflanzen und auch der Moorfrosch sich wieder ausbreiten sollen die Moore großflächig wiedervernässt werden.

Wiesen und Weiden

Schwarzkehlchen

Torfabbau und Jahrhunderte währende land­wirtschaftliche Nutzung haben das Bild der heutigen Niederungslandschaft geformt. Die Flächen werden großflächig beweidet oder zur Heu- und Silagegewinnung genutzt. Je nach Art und Intensität der Nutzung sowie Grundwasserstand und Aufbau des Bodens haben sich unterschiedliche Lebensräume entwickelt, die von charakteristischen Tier- und Pflanzenarten besiedelt sind. Wo die Alster häufiger über die Ufer tritt, haben sich seggenreiche Nasswiesen entwickelt. Diese liegen zunehmend brach oder werden zumeist nur einmal im Jahr gemäht. Auf seltener überstauten Flächen dehnen sich artenreiche, mäßig gedüngte Feuchtwiesen aus. Die hier lebenden Wiesenvögel wie Großer Brachvogel und Kiebitz sind auf weite, offene Sichtmöglichkeiten angewiesen. Intensive Düngung sowie frühe und häufige Mahdtermine sind wesentliche Ursachen für den Verlust der Feuchtwiesen als Lebensraum typischer Arten. Während Intensivweiden zumeist kurzrasig sind, hat die extensive Beweidung mit Robustrindern wie Galloways die Entwicklung einer sehr kleinstrukturierten Grasnarbe zur Folge. Niedrige, stark abgeweidete Flächen wechseln mit hochwüchsigen Stauden oder Grasbulten ab, die vom Vieh zunächst gemieden und höchstens im Winter gefressen werden. Auf solchen Flächen können sich auch dornige Gebüsche wie Schlehe oder Weißdorn ausbreiten, wichtiger Lebensraum des Neuntöters. Von der teilweisen Verbuschung profitiert vor allem auch das Schwarzkehlchen. Im Bereich der Brachen breiten sich je nach Standort mehrjährige Stauden oder Seggen aus, die Lebensraum des Mädesüß-Perlmutterfalters oder des Landkärtchens sind.